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Foto: Stadtwerke Potsdam
14. September 2022

Ressourcen schonen und Energie sparen!

Seit durch Knappheit und eingeschränkte Lieferketten nicht mehr alle Rohstoffe sofort und ausreichend zur Verfügung stehen und die Bedrohung durch den Klimawandel greifbarer wird, gelangen Slogans wie „Reduce, Reuse, Recycle“ mehr ins Bewusstsein – alleine schon aus der Notwendigkeit heraus. Wir haben zwei Expert*innen zum Thema befragt, die insbesondere die Potsdamer Situation gut kennen: Dr. Burkhardt Greiff, Geschäftsführer der Stadtentsorgung Potsdam (STEP), und von der Energie und Wasser Potsdam (EWP) Dr. Karin Sadowski, Fachbereichsleiterin Produktmarketing und Vertriebssteuerung.

Foto: © Karoline Wolf

Dr. Greiff, was bedeutet Ressourcenschonung für Sie?
Unsere Ressourcen sind stark begrenzt. Seit mehreren Jahrzehnten schon fußt unser Lebensstil auf einem übermäßigen Verbrauch weltweit begrenzter Ressour­cen. In den letzten fünf Jahren ist die Menge an Siedlungsabfall um mehr als 700 Millionen Tonnen angestiegen – weltweit. Auch in Potsdam sind im Jahr 2021 in Summe rund 10.000 Tonnen mehr zusammengekommen als noch 2016. Die Einwohnerzahlen steigen, gerade deshalb ist es im urbanen Raum so wichtig, auf Umwelt- und Ressourcenschutz im Alltag zu achten.

Sie haben täglich mit unseren Abfällen zu tun, was landet da fälschlicherweise in der Restmülltonne, ohne dass es dort hinein gehört? Wo können wir Potsdamer*innen ganz konkret noch besser werden?
Bei der Abfallanalyse fällt auf, dass einige Abfälle immer noch gar nicht oder falsch getrennt werden. Zu häufig landen beispielsweise Obst- und Gemüsereste in der schwarzen Tonne. Dabei kann gerade hieraus wertvoller Humus für neue Pflanzen und Blumen gewonnen werden – wenn diese in der Biotonne landen. Und das ohne Plastiktüten.

Die Abfälle aus der Gelben Tonne werden zu etwa 60 Prozent recycelt. Trotzdem landet dort einiges, was nicht rein gehört. Was sind die häufigsten Fehlwürfe?
Gegenstände aus Hartplastik (wie Gartentische oder -stühle), Glasflaschen, Pfannen oder anderer Restmüll.

Wie sieht es bei der Biotonne aus, daraus wird in Potsdam ja Komposterde gemacht. Was sollte hier beachtet werden?
Unbedingt auf Plastiktüten verzichten. Auch vermeintlich „recyclebare“ Platiktüten verhindern den Rotteprozess und sind Störstoffe bei der Kompostierung. Verwenden Sie lieber alte Zeitungen, um Flüssigkeiten aufzusaugen oder benutzen Sie in der Küche einen kleinen wiederverwendbaren Behälter zum Vorsortieren – wie etwa eine alte Eisdose oder eine Glasschale.

In Potsdam gibt es die Möglichkeit, Sperrmüll kostenlos zuhause abholen zu lassen. Zusätzlich kann man Abfälle zu den Wertstoffhöfen bringen. Was geschieht mit den Dingen, die bei Ihnen landen? Welche davon gehen wieder ins Recycling oder andere haben eine andere Nutzung?
Wir sammeln die anfallenden Gegenstände und sortieren sie nach Abfallart. Im Anschluss werden sie von uns entweder zu einer Verwertungsanlage verbracht, wo daraus Wärme und Strom erzeugt werden, oder sie gelangen in die Wiederverwertung. Hier entstehen zum Teil neue Rezyklate, woraus beispielsweise neues Verpackungsmaterial entstehen kann.

Wir Potsdamer*innen können unseren Beitrag dazu leisten, dass die Recyclingquote steigt. Doch wird wirklich alles recycelt, was recycelt werden könnte?
Nein, denn allein die Fehlwurfquote in der Gelben Tonne liegt noch bei 30 Prozent. Durch diese Störstoffe oder falsch entsorgten Abfälle in der Gelben Tonne können andere Stoffe nicht richtig recycelt werden. Die richtige Abfalltrennung ist also sehr wichtig.

Landen bei Ihnen viele Dinge, die man noch weiter hätte verwenden können, wenn man sie verschenkt hätte?
Gerade während der Pandemie nutzen viele die Zeit, Ausrangiertes zu den Wertstoffhöfen zu bringen. In der heutigen „Wegwerf-Gesellschaft“ hätten viele Dinge, die im Sperrmüll landen, noch das Potenzial, verkauft oder verschenkt zu werden. Auf dem Geben- und Nehmen-Markt in Potsdam findet zweimal im Jahr, im Frühling und im Herbst, eine Tauschbörse statt. Eine gute Gelegenheit, Dingen ein zweite Chance zu geben, statt sie wegzuwerfen.

Was ist für Sie der unnötigste Abfall den es gibt?
Kunststofftüten und Umverpackungen für Lebensmittel wie Obst und Gemüse.

Das alles kostet ja Zeit und auch Energie. Und je unbedachter mit dem Abfall umgegangen wird, desto mehr fällt an. Wie beteiligt sich die STEP am allgemeinen Energiesparen?
Auch wir mussten unser Energiekonzept anpassen und haben bereits zum Großteil auf LED-Beleuchtung umgestellt, verzichten auf Warmwasser in den Küchen und Toiletten und werden im kommenden Herbst und Winter die Raumtemperaturen in den Büros absenken. Unsere Fahrer*innen werden auch zum Thema „energiesparende Fahrweise“ geschult.

Foto: © Kathleen Friedrich

Frau Dr. Sadowski, die Stromerzeugung läuft ja in Potsdam bekanntermaßen über Gas, daher ist es für uns Potsdamer*innen ja noch einmal mehr sinnvoll als eh schon, Strom zu sparen.
Richtig. Ökostrom erzeugen wir natürlich auch über Photovoltaik und kaufen welchen aus Wasserkraft dazu. Aber über das Stromsparen können wir den Gasverbrauch für die Erzeugung von Strom natürlich auch senken. Noch mehr sparen wir allerdings, wenn wir beim Heizen und Warmwasserverbrauch sparen, da Warmwasser und Heizung fast 80 Prozent unseres Energieverbrauchs im Haushalt ausmachen, Strom nur 20 Prozent.

Welche Stromquellen sind in Privathaushalten am intensivsten?
Informationstechnik (Computer, TV, Handy laden und Audio) und große Haushaltgeräte, wie Waschmaschinen und vor allem Trockner, Kühlgeräte und Klimaanlagen. Das macht alles in allem ungefähr 70 Prozent des Stromverbrauchs im Haushalt aus. Licht nur 13 Prozent, Kochen/Backen und Spülen jeweils 8 bis 9 Prozent.

Auf Ihrer Webseite findet man schon einige allgemeine Energiespartipps. Welche Tipps, auf die man vielleicht im ersten Moment gar nicht kommt, können Sie zum Stromsparen geben?
Unterhaltungsgeräte sind heimliche Stromfresser, auch wenn sie mucksmäuschenstill sind. Die Bequemlichkeit, sie rund um die Uhr einfach per Fernbedienung einschalten zu können, kostet viel Geld. Einfache Beispielrechnung: Eine HiFi-Anlage, die vier Stunden am Tag aktiv spielt, verbraucht ungefähr 21.900 Wattstunden, aber für die zwanzig Stunden, in denen sie im Stand-by geschaltet ist, 36.500 Wattstunden. Gerechnet mit dem aktuellen Arbeitspreis für unsere Grundversorgung sind das für den aktiven Betrieb 8,30 Euro/Jahr und für den Stand-by-Betrieb 13,85 Euro/Jahr – also deutlich mehr. Dann schauen Sie mal, wie viele Geräte im Haushalt per Stand-by betrieben werden …

Was hat es mit der Aktion auf der Webseite auf sich?
Energiesparen ist zur Zeit die einzige Alternative, um die Gasspeicher für den Winter vollzubekommen – gesamtgesellschaftlich gesehen. Für die Haushalte bedeutet jede eingesparte Kilowattstunde eine etwas kleinere finanzielle Belastung. Wir wollen dazu anregen, über das Thema nachzudenken und sich auszutauschen, damit Tipps, die man vielleicht noch nicht kennt oder mit denen man gute Erfahrungen gemacht hat, publik werden. Jeder, der mitmacht, erhält von uns eine Klimakarte, welche die aktuelle Raumtemperatur anzeigt.

Welche Angebote macht die EWP für alle, die jetzt verstärkt an Solarenergie denken – sei es als Balkonkraftwerk oder auf dem eigenen Dach?
Wir verkaufen Ökostrom. Für den Betrieb von Balkonkraftwerken gibt es leider noch technische Anforderungen für einen speziellen Stecker, die eine Umsetzung erschweren und wirtschaftlich unattraktiv machen.

Lohnt es sich, gerade jetzt über die Anschaffung sparsamerer Elektrogeräte nachzudenken?
Ja, aber … Es ist unter den gegebenen finanziellen Belastungen, denen gewärtig viele Menschen ausgesetzt sind, eigentlich vor allem dann möglich, wenn das alte Gerät tatsächlich kaputtgegangen ist. Ich möchte aber vor einer Anschaffung grundsätzlich warnen: gegenwärtig werden Heizlüfter, Radiatoren und Konvektoren gekauft, um eventuelle Wärmeeinbußen im Winter überbrücken zu können. Solche Geräte haben aber einen enorm hohen Stromverbrauch. Sie sind nicht dafür gemacht, langfristig die Heizung zu ersetzen. Das geht richtig ins Geld. Und es kann auch zu Überlastungen im Stromnetz führen, wenn zum Beispiel viele Haushalte in einem Stadtgebiet diese Geräte einsetzen. Im schlimmsten Fall entstehen dann Stromausfälle, die – weil diese Geräte am Netz verbleiben – schwer zu beherrschen sind.

Wo spart die EWP selbst gerade Strom ein oder will es in absehbarer Zeit?
In der EWP haben wir bereits die Klimaanlagen ausgeschaltet, die Temperatur des Warmwassers und die Beleuchtung reduziert, wo es technisch und gemäß Arbeitsschutzbestimmungen möglich war. Wir werden uns zum Herbst noch um schaltbare Thermostate für die Heizungen kümmern.

Herr Dr. Greiff, Frau Dr. Sadowski, vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen!

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