Im Vergleich zum Vorjahr gab es im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen im Zeitraum 1. März bis 5. April 2020 – hier galten bereits die Ausgangsbeschränkungen – einen deutlichen Rückgang bei Körperverletzungen (45 %), Einbrüchen (50 %) und Taschendiebstählen (90 %). Ein toller Trend! Aber leider nur eine Detailaufnahme. Denn Straftäter*innen sind findig. Altbekannte Betrugsarten werden einfach pandemiegerecht abgewandelt. Hier sollen einige der gebräuchlichsten Varianten aufgeführt werden, damit Sie sich und Ihre Lieben besser schützen können.
Enkeltrick: Derzeit wird nicht mehr für die Finanzierung einer Eigentumswohnung oder von Unfallfolgen um Geld gebeten, sondern für die Bezahlung von Medikamenten wegen einer Covid-Erkrankung.
Impfstoff-Trick: Am Telefon oder an der Haustür wird Corona-Impfstoff für viel Geld und gegen Barzahlung angeboten. Und wer möchte nicht so früh wie möglich geimpft werden?
Internethandel: In zahlreichen Shops werden Corona-spezifische Produkte angepriesen, doch auch da ist Obacht geboten. Es gibt viele Fake-Shops und Fake-Produkte rund um Corona. Entweder ist die Wirksamkeit nicht gegeben oder man erhält gar keine Ware. Aufmerksam werden sollte man, wenn ausschließlich eine Bezahlung auf Vorkasse möglich ist.
Reparaturen am Haus: Vor der Tür stehen unangemeldete Handwerker*innen, die die Dachrinne für den halben Preis eines ortsansässigen Dachklempners reparieren wollen. Das klingt verlockend. Nach Fertigstellung wird das Ganze plötzlich viel teurer, und die Handwerker*innen bieten an, gemeinsam mit dem Opfer zur Bank zu fahren. Völlig eingeschüchtert wird der geforderte Preis gezahlt.
Falsche Polizisten: Ein vermeintlicher Polizist steht vor der Wohnungstür oder ruft an und bietet an, Geld und Schmuck für Sie aufzubewahren, um Sie vor Kriminellen zu schützen. Irritierend kann beim Anruf eine Telefonnummer mit einer „110“ sein. Auch diese gehört zum Betrug. Man wolle gleich vorbeikommen, um die wertvollen Dinge in Obhut zu nehmen.
Ein wichtiger Grundsatz: Alles, was besonders günstig angeboten wird, sollte mit großer Skepsis betrachtet werden. Niemand hat etwas zu verschenken! Der beste Schutz vor kriminellen Gefahren ist die Kenntnis der angewendeten Tricks, um im richtigen Moment misstrauisch zu werden, „Nein“ zu sagen und die Polizei anzurufen – über die Telefonnummer „110“ und nicht über einen Rückruf. Nur so geht man sicher, tatsächlich bei einer Polizeidienststelle zu landen und nicht bei einem Komplizen des „falschen“ Polizisten.
Warum trifft es besonders ältere Menschen?
Es ist die Generation, die die Kriegs- und Nachkriegsjahre miterlebt hat. Damals war es überlebenswichtig, sich gegenseitig zu helfen und zu unterstützen. Die eigentlich sehr lobenswerte Mentalität hat bis heute Bestand und wird vielen zum Verhängnis. Betrüger*innen nutzen diese grundsätzliche Bereitschaft durch geschickte Erklärungen für sich aus. Zudem fühlen sich alte Menschen oft einsam, weil der/die Lebenspartner/in verstorben ist, die Kinder weit entfernt wohnen oder weil die Gesundheit oder das Umfeld keine Nähe zulassen. Diese Einsamkeit, die durch die Corona-Pandemie noch verstärkt wird, machen sich die Täter*innen zunutze, denn einsame Menschen freuen sich über jeden Kontakt.
Und wenn man im Zweifel ist oder bemerkt hat, auf einen kriminellen Trick hereingefallen zu sein?
Dann sollte die Polizei hinzugezogen werden. Scham oder Schuldgefühle sollten niemanden davon abhalten, sich Hilfe zu suchen.
Wo kann man sich informieren?
Aktuelle Informationen bieten die Internetseite der Polizei unter www.polizei-beratung.de und der Bereich „Prävention“ bei der Polizeiinspektion Potsdam, Telefon 0331.55 08 10 80.
Autor Jürgen Glindemann ist Experte zum Thema „Sicherheit im Alter“. Nach einer Ausbildung zum Senior-Trainer unter dem Dach der Akademie 2. Lebenshälfte hält er Vorträge und berät zu aktuell 24 Themen – vom Enkeltrick über falsche Polizisten bis zu Betrügereien im Internet. Für die Planung und Durchführung von Informations-Vorträgen kann man ihn kontaktieren: 0151.61 46 41 44, sicherheitimalter@gmx.de
Text: Jürgen Glindemann & Ariane Linde