Zur Ruhe kommen, sich entspannen und Energie tanken – all das geht wunderbar in den Potsdamer Parkanlagen. Besonders schön ist es am Heiligen See. Wer beim Joggen oder Spazierengehen seinen Blick übers Wasser schweifen lässt, verliebt sich schnell in das Gewässer zwischen Nauener und Berliner Vorstadt, mitten im Neuen Garten. Wenn es windstill ist, spiegeln sich die Villen auf der Ostseite des Sees auf der Wasseroberfläche. Morgens verbreitet der wabernde Nebel über dem Wasser eine magische Stimmung, abends verleiht die untergehende Sonne dem See seine Magie.
Der bis zu 12 Meter tiefe Heilige See ist durchschnittlich 300 Meter breit. Die Länge der Nord-Süd-Ausdehnung beträgt rund 1,3 Kilometer. In dem Gewässer, das für Motorboote gesperrt ist, tummeln sich Barsche, Hechte, Karpfen, Rotfedern, aber auch Krebse und Teichmuscheln. Über den Hasengraben im Norden, der 1737 als schiffbarer Wasserweg angelegt wurde, um Baustoffe nach Potsdam transportieren zu können, gibt es eine schmale Verbindung zum Jungfernsee beziehungsweise zur Havel. Diese Verbindung wurde vor 30 Jahren geschlossen, um den Wasserspiegel so hoch zu halten, dass die hölzernen Gründungspfähle des Marmorpalais am Westufer des Sees nicht freistehen und austrocknen.
Park und See ziehen seit Jahrzehnten viele Besucher*innen an. Das liegt an der Schönheit des Parks, der Berühmtheit von Schloss Cecilienhof und nicht zuletzt am See. Zu den Stammgästen, die unabhängig von der Jahreszeit regelmäßig „ihren“ See aufsuchen, gehört auch Margrit Habick. Sie lebt seit den 1960ern Jahren in Potsdam und radelt seit Jahrzehnten mindestens einmal pro Woche zum Schwimmen im Heiligen See. In den 60er Jahren lag der See noch im Grenzgebiet zwischen Ost und West. „Nicht weit vom Grünen Haus verlief die Mauer und es gab Kontrollen“, erinnert sich die 77-Jährige. Deshalb sei ihre Badestelle damals der Zugang an der Mangerstraße gewesen, nahe bei der heutigen EJF-Kita. „Ich bin früher immer einmal zum Marmorpalais rübergeschwommen, habe mich auf die heißen Steine gesetzt und dann ging es zurück“, erinnert sie sich. Das tun auch heute noch viele Schwimmer*innen.
Das Marmorpalais, ein frühklassizistisches Schlösschen am Westufer, wurde von 1787 bis 1791 für König Friedrich Wilhelm II. von Carl von Gontard errichtet. 1945 bis 1951 diente es als sowjetisches Offizierskasino, von 1961 bis 1989 befand sich in dem Schloss das Armeemuseum der DDR. Nach mehrjähriger Sanierung eröffnete es 1997 erstmals wieder als Museumsschloss.
Inzwischen ist im Park nichts mehr von der innerdeutschen Grenze zu spüren, die Badestelle vor dem Grünen Haus ist zu einer inoffiziellen, von der Schlösserstiftung geduldeten FKK-Badestelle geworden und zieht im Sommer viele Menschen an. Auch Margrit Habick geht dort schwimmen und hört auch im Winter damit nicht auf. Bei einer Wassertemperatur von 10 bis 12 Grad schwimmt sie, wenn es kälter wird, taucht sie mehrmals nur kurz unter.
Wenn es friert, hackt sich Habick ein Loch ins Eis, um in das zwischen 0 und 4 Grad Celsius kalte Wasser zu gelangen. „Das hält mich gesund und tut meiner Haut gut“, sagt sie über ihr „Liftprogramm“. Für Habick ist das Eisbaden unverzichtbarer Bestandteil ihres Alltags geworden: „Das ist die absolute Entspannung für die Psyche. Wenn man aus dem kalten Wasser kommt, brennt es innerlich. Das ist so ein tolles Gefühl. Mir tun alle leid, die das nicht erleben.“ So wie sie sehen das offensichtlich auch andere Potsdamer*innen, die sich regelmäßig an den einschlägigen Einstiegsstellen zum Eisbaden einfinden.
Friert der Heilige See zu, ist das immer eine Attraktion. Die Menschen strömen zum Fotografieren, Spazierengehen und Schlittschuhlaufen in den Park. Leider gibt es nie eine offizielle Freigabe für den See. Das Betreten des Eises geschieht auf eigenes Risiko.
Eisige Kälte und der zugefrorene See scheinen auch auf Tauchbegeisterte einen ganz besonderen Reiz auszuüben. Die Tauchschule des Tauchsportservice Potsdam, die im Einvernehmen mit der Schlösserstiftung eine Tauchplattform im Heiligen See nutzt, gibt dort das ganze Jahr über Kurse. „Wir behalten im Gegenzug die Qualität des Seewassers im Blick“, erzählt Bernd Reißland, Inhaber der Tauchschule. Ohne die vielen Taucher*innen, die ehrenamtlich mindestens einmal im Jahr im See nach dem Rechten schauen, würden vermutlich immer noch viele alte Autobatterien, Fässer, Reifen, Fahrräder und Anglerhocker auf dem Seegrund liegen.
Obwohl die Monate September, Oktober, Mai und Juni laut Reißland die schönste Zeit zum Tauchen im Heiligen See seien, weil das Wasser dann besonders klar ist, bietet seine Tauchschule im Winter dort regelmäßig Eistauchen und Nachttauchen. Was daran so faszinierend ist? „Das kann man schlecht erklären“, so Reißland. „Am besten probieren Sie es einfach mal aus.“
Text: Maren Herbst
Informationen zu Tauchkursen und Tauchausflügen gibt es beim Tauchsportservice Potsdam:
www.200bar.de