Nach einer Hüft-Operation benötigt die 75-jährige Sophie Krauter einen Rollator, doch sie empfindet es als unangenehm, mit ihm gesehen zu werden, so dass sie von nun an nicht mehr das Haus verlässt. Chor, Kartenspielabend, Freunde besuchen, … das war bisher ihr Alltag. Zunächst finden die Kartenabende noch bei ihr statt und Freunde kommen zu Besuch. Versorgt wird sie von ihrer Tochter und einem Lieferdienst. Doch jetzt, nach fast 10 Jahren, ist es ruhig und auch einsam geworden um sie herum, und das Hilfsmittel, das ihr mehr Bewegungsspielraum ermöglichen sollte, wurde zum Hindernis.
Ob es nur die Vorstellung war, mit dem Rollator gesehen zu werden, oder auch die Befürchtung, sich im öffentlichen Raum nicht sicher damit bewegen zu können und damit noch mehr der Peinlichkeit ausgeliefert zu sein, das bleibt eine offene Frage. Doch empfinden sicherlich einige Menschen den Rollator zunächst als sichtbares Eingeständnis, dass man Unterstützung benötigt. Dies fällt erstmal schwer und so wird dieser Moment so lange rausgezögert, wie irgend möglich – manchmal über den Punkt hinaus, an dem die Bewältigung der Wege noch sicher ist, Stürze wahrscheinlich sind oder sogar schon stattgefunden haben.
Als Angehörige versucht man vielleicht, für einen Rollator zu argumentieren, hat aber eigentlich selbst nicht wirklich Wissen zum Thema. Was gibt es zu beachten, welches Modell passt zu einem und welche Angebote rund um den Rollator gibt es?
Es sind in der Regel sehr individuelle Situationen und Wohnumfelder, zu denen zum Beispiel Expert*innen in Fachgeschäften ausgiebig beraten. Der Kauf im Internet mag vielleicht etwas günstiger sein, aber der Service und vor allem die individuelle Beratung sind wesentliche Faktoren, damit der Mensch, der diese Hilfe in Anspruch nimmt, sich sicher und wohl mit dem Hilfsmittel fühlt. Denn die große Auswahl an Modellen, die vom Kassenmodell bis hin zum „Porsche“ reichen, kann auch überfordern. „In unserer Rehatechnik-Filiale in der Rudolf-Moos-Straße haben Kunden und deren Angehörige die Möglichkeit, viele unterschiedliche Modelle auf Herz und Nieren zu testen“, so Mandy Andresen vom Sanitätshaus Kniesche.
Zunächst stellt sich die Frage, wofür ein Rollator benötigt wird, für Innenräume oder für draußen? Dann können verschiedene Modelle ausprobiert und wichtige Fragen beantwortet werden: „Wie fährt sich der Rollator auf welchem Untergrund?“, „Wie komfortabel sitzen sich die verschiedenen Ausführungen?“, „Passt der Rollator in ein Auto?“, „Wie wird er zusammengefaltet?“ und „Inwiefern kann ich den Rollator auf meine individuellen Bedürfnisse anpassen?“
Nach dem Kauf sind Fachgeschäfte auch weiterhin die Ansprechpartner, wenn es um zusätzliche individuelle Ausstattung geht, doch mal eine Reparatur notwendig werden sollte oder eine professionelle Reinigung gewünscht wird. Ausgediente Modelle werden übrigens oftmals wieder zurückgenommen.
Hat man sich für ein Modell entschieden und ist auch draußen unterwegs, empfiehlt sich das Rollator-Training, welches die Verkehrswacht Potsdam e.V. in Zusammenarbeit mit der ViP organisiert. So wird man sicherer im Umgang und gewöhnt sich an den Rollator.
Es werden Fragen und Möglichkeiten rund um die Nutzung in Bussen und Bahnen geklärt und der Ein- und Ausstieg geübt. Wird zum Beispiel eine Rampe benötigt, muss der Fahrgast rechts neben der Tür den Knopf mit dem Rollstuhlpiktogramm drücken. Beim Ein- und Aussteigen gilt: vorwärts rein – rückwärts runter. So verhindert man beim Aussteigen, dass das Gewicht des Rollators nach unten zieht oder sich die Räder zwischen Bus und Bordstein verklemmen.
Aber wer glaubt, dass ein Rollator einen im gesellschaftlichen Leben behindert, der irrt. Rollator-Tanz ist gerade sehr im Kommen. Mit viel Spaß und Musik kann man dabei neue Leute kennenlernen, sich zusammen bewegen und das Hilfsmittel mal ganz anders erleben. Durch Corona sind nicht alle Angebote wieder angelaufen, aber einige warten nur auf Ihr Interesse, um wieder zu starten.
Ein Rollator ist ein Hilfsmittel, von dem man sich vielleicht nicht wünscht, es benötigen zu müssen. Doch es erhält oder vielleicht sogar eröffnet einem wieder Wege und Möglichkeiten zu einer autonomen, selbstbestimmten Mobilität.
Training mit dem Rollator
Anmeldung für Gruppen ab 10 Personen: Ronny Krebs, Bereich Marketing ViP, 0331.661 42 67, ronnya.krebs@vip-potsdam.de
Bei der Verkehrswacht Potsdam e.V. können sich auch Einzelpersonen anmelden: Zum Bahnhof Pirschheide 7, 14471 Potsdam, 0331.97 16 07-0, vwpotsdam@googlemail.com
Rollatortanz
Treffpunkt FQ7, Im Französischen Quartier, Anmeldung & Infos: Gisela Gehrmann, 0331.620 79 73, info@ fit-alter.de
ADTV Tanzschule Fairtanzt, Do 13.15 Uhr, Caputher Chaussee 8, 14548 Schwielowsee, Anmeldung & Infos: 03327.573 22 74, www.fairtanzt.de