Bereits 650 vor unserer Zeitrechnung, unsere Vorfahren saßen auf ihren Bärenhäuten und tranken Met, erwähnte der Dichter Alkman aus Lydien erstmals die Quitte als Frucht. Der griechische Arzt Hippokrates gebrauchte um 300 v. u. Z. als erster den heutigen wissenschaftlichen Namen Cydonia. Cato empfahl gut 100 Jahre später die Pflanzung möglichst vieler Quitten und verlangte von einer guten Wirtschafterin, neben anderen Früchten auch Quitten vorrätig zu haben.
100 vor Christus kam spanisches Quittenmus unter dem Namen „meloplacunta“ in Rom auf den Markt. Dieses Mus nannte man in Portugal „marmeleiro“ und übertrug diesen Namen auf andere, ähnliche Erzeugnisse. Indirekt ist also die Quitte Namensgeber unserer Marmeladen.
Mutige gehen sogar davon aus, dass der in der Bibel erwähnte Apfel eigentlich eine Quitte war.
Eine der ersten Erwähnungen der Quitte im deutschen Sprachraum befindet sich auf dem 820 geschaffenen Plan des Friedhofs des Klosters St. Gallen, auf dem neben anderen Früchten auch die Quitte verzeichnet ist.
Der deutsche Name „Quitte“ ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen, über chutina, cotana, Küttenbaum, Küttenapfel entstand der Name. Die vielen regionalen Bezeichnungen, wie die oben erwähnte Schmeckbirne oder der Baumwollapfel zeugen von einer starken regionalen Verbreitung, beschreiben aber auch charakteristische Eigenschaften der Früchte.
Schon Hildegard von Bingen erwähnte den Quittenboom – und empfahl seine gekochten Früchte gegen Speichelfluss.
Früchte der Quitte sind gelb, der Begriff „quittegelb“ ist in die Umgangssprache eingegangen. Ursache der zur Reifezeit intensiven Farbe ist ein relativ kompliziert aufgebauter Pflanzenfarbstoff aus der Gruppe der Polyphenole, das Quercetin. Dieser kommt auch in Kapern, Zwiebeln, Grünkohl und Rotwein vor. Ihm wird eine Wirkung als Antioxidans nachgesagt. Gleichzeitig wird aktuell untersucht, ob er hemmend auf die Vermehrung des für COVID-19 verantwortlichen Virus wirkt.
Die beim Kochen stark schleimenden Kerngehäuse werden inklusive der Kerne in der Volksmedizin zur Bereitung eines den Hustenreiz lindernden Mittels verwendet. Damit ist die Zahl der positiven Eigenschaften der Quitte nicht erschöpft: sie ist relativ kalorienarm, enthält viel Vitamin C, Mineralstoffe, Gerbsäure und Pektin.
Im Erwerbsobstanbau in Deutschland spielt die Quitte nicht unbedingt eine große Rolle, aber viele Selbstversorger haben Quittenbäume oder -sträucher in den Gärten. Die Sorten der oftmals sehr ertragreichen Pflanzen (mir sind 50- bis 60-jährige Quitten bekannt, die konstant mehr als 200 Kilogramm Früchte pro Jahr tragen) sind nicht immer zu bestimmen. Einige der Quittenanbauer sind mitunter glücklich, wenn sie einen Teil der Früchte verschenken, tauschen oder gegen ein kleines Entgelt abgeben können.
Hauptanbaugebiete liegen in der Türkei, in den östlichen Ländern des ehemaligen Ostblocks und in China. Viele der heute bekannten Sorten haben dort ihren Ursprung, Namensbestandteile wie „Vranja“, „Leskovac“ „Bereczki“ zeugen von der Herkunft. Daher wird die Frucht der Quitte heute noch viel in der osteuropäischen Küche verwendet.
Da die Quitte sehr wärmeliebend ist, liegt der Schwerpunkt des Anbaus in Deutschland in den Weinbauregionen. Aufgrund der besonderen klimatischen Verhältnisse rund um Potsdam scheint die Quitte im Raum zwischen Teltow und Werder an der Havel ebenfalls gut zu gedeihen. Auch die DDR hat sich mit der Züchtung von Quittensorten für die hiesigen Klimaverhältnisse beschäftigt. Schwerpunkte lagen in den heute sächsischen Obstbauversuchsanstalten Wurzen und Radebeul. Zweckmäßigerweise heißen die dort entwickelten Sorten „Wudonia“ und „Radonia“.
Die Quitte blüht relativ spät, Ende Mai und im Juni. Die Blüte ist mit sechs bis sieben Zentimetern ziemlich groß, dekorativ und stark duftend. Die Blüten erscheinen nach den Blättern, sind meist endständig, das heißt am Ende der Zweige. Die Quittenblüte gilt als guter Pollenspender, die Bestäubung erfolgt meist durch kleinere Hummeln oder Honigbienen.
Die Ernte der Früchte kann nach Gelbfärbung, sortenabhängig, von Mitte September bis in den November erfolgen. Im Obstbau ist sie die letzte Frucht. Die Früchte sind relativ druckempfindlich und etwa sechs Wochen haltbar. Mit dieser Erntezeit und mit der vorhandenen Säure bietet die Quitte eine hervorragende Ergänzung zum Kürbis. Und: nach der Ernte wenige Quitten in der Wohnung in einer offenen Schale gelagert, verströmen diese über Wochen einen intensiven, fruchtigen Duft, der mehrere Räume erfüllt.
Grundsätzlich wird auf der Grundlage der Fruchtform zwischen Apfel- und Birnenquitte unterschieden. Birnenquitten sind tendenziell größer (800 Gramm pro Frucht sind nicht selten), weicher und saftiger. Dafür sind Apfelquitten aromatischer.
Die Quitte ist sehr fruchtbar. Die Kerngehäuse enthalten wesentlich mehr Kerne als ein Apfel oder eine Birne. Lässt man bei der Ernte Früchte liegen oder schüttet die Kerngehäuse auf den Kompost, hat man in zwei bis drei Jahren eine Vielzahl kleiner Quittenpflanzen. Auch wenn ein großer Teil der hiesigen Quittensträucher auf diese Weise entstanden zu sein scheint, überzeugt die Qualität der Früchte nicht unbedingt. Man sollte am besten echte, veredelte Quittenpflanzen kaufen. Auch die Verträglichkeit mit manchmal etwas kalkreichem Boden ist bei Veredelungen meist besser.
Sämtliche in Mitteleuropa angebauten Quitten sind für den Rohverzehr ungeeignet, sie sind hart und bitter. Kochen oder Entsaften sind Mittel der Wahl.
Ganz besonders eignen sich Quitten für die Herstellung von Süßmost, die Ausbeute ist relativ hoch. Auch die Verarbeitung im häuslichen Dampfentsafter ist möglich. Aufgrund des hohen Säureanteils dient dieser Saft als Grundlage für die Bereitung von Gelee oder zum Verschnitt mit anderen, süßen Obstsäften.
Um 1500 wurden Quitten nicht nur zum Einmachen oder für Quittenbrot verwendet. Auch in der alltäglichen Küche fanden die Früchte häufig Verwendung, zum Beispiel um Fleischspeisen einen besonderen Geschmack zu geben. Diese vielfältige Nutzung reduzierte sich mit dem Aufkommen anderer Obstsorten. Es war einfacher, roh zu genießende Apfel- und Birnensorten zu verwenden, als die Früchte der Quitte in einem aufwendigen Verfahren genießbar zu machen.
Die Kunst beim Kochen von Quittenkompott besteht darin, den kurzen Moment zwischen „knochenhart“, „al dente“ und „al matscho“ abzupassen. Die Kompotthersteller von Mehrfrucht-Kompott für die Schulspeisung der DDR, oftmals aus dem Raum Wurzen, waren Meister im Abpassen des richtigen Zeitpunktes, die Quitten nicht zerkochen zu lassen. Teilnehmer am Schulessen werden sich vielleicht noch an die großen Obststücke im Schulkompott erinnern. Dies waren oftmals Quitten. Nachteilig wirkt sich aus, dass Rezepte unter Verwendung von Quitten wegen der reichlich vorhandenen Säure oftmals einen hohen Anteil an Zucker verlangen.
Wer Weihnachten im spanischsprachigen Raum unterwegs ist, dem ist vielleicht eine als „Carne de membrillo“ verkaufte Süßigkeit bekannt. Dabei handelt es sich um das in Deutschland seit Jahrhunderten bekannte, heute viel zu selten produzierte Quittenbrot. Eine Köstlichkeit! Probieren Sie es einfach mal aus! | Carsten Hahn
Neben der Verwendung der Frucht hat die Quitte als Baum eine wichtige Bedeutung im Obstbau. Birnen wachsen als Sämling sehr stark, werden bis zu zwölf Metern hoch. Verwendet man die Quitte als Unterlage (Wurzel) und veredelt darauf dann die eigentliche Birnensorte, die man anbauen möchte, werden die Bäume deutlich kleiner und sind für den Hausgarten, den Kleingarten oder die industrielle Produktion deutlich besser geeignet. Gleichzeitig werden manche Birnensorten schmackhafter und früher reif.
Sollte im Baumarkt auf dem Etikett eines Birnenbaumes die kryptische Bezeichnung CYD A, CYD B oder CYD C erscheinen, so kann man davon ausgehen, einen relativ klein bleibenden Baum auf einer Quittenunterlage zu erwerben.
Die rot blühende, meist sehr flach bleibende Scheinquitte oder Zierquitte der Gattung Chaemoneles (Foto rechts) ist mit der Quitte nur entfernt verwandt. Trotzdem lassen sich die im Herbst entstehenden Früchte, die wesentlich kleiner sind, ähnlich verwerten. Der Nutzen der Zierquitte besteht in der sehr dekorativen Blüte, der Bodenbedeckung und der Winterfutterquelle. Die im Frost zerfallenden Früchte werden von Amseln gerne angenommen. Gleichzeitig lassen sich stabile, 80 bis 120 Zentimeter hohe vogelfreundliche Hecken damit gestalten. Die Blütezeit ist früh, im April. Die Früchte sind oftmals wohlriechend und lange haltbar und wurden früher in Wäscheschränke gelegt.