Schon Fontane wusste, wie schön die Mark Brandenburg und ihre Landschaft mit Seen, Flüssen und kleinen Städtchen ist. Jetzt, wo wir durch die Pandemie dazu angehalten sind, nicht in die Ferne zu schweifen, können wir ja mal wieder einen Blick auf die Schönheit in der Nähe werfen. Wir stellen hier eine bunte Mischung an Möglichkeiten vor, diesen Sommer unterwegs zu sein – und zwar zuhause.
Auf der Suche nach geeigneter Literatur für Wanderungen, Radtouren, überhaupt Unterwegssein in Brandenburg, sind wir auf den Verlag terra:press gestoßen, der Reisebegleiter, Themenhefte und Kartenmaterial, insbesondere für Brandenburg, im Programm hat. Wir haben mit dem Inhaber Joachim Nölte gesprochen (Kurzinterview siehe Artikelende) und uns von einigen der Publikationen inspirieren lassen.
Es gibt über 3.000 natürlich entstandene Seen und über 33.000 Kilometer Fließgewässer in Brandenburg. Damit gilt Brandenburg als das gewässerreichste Bundesland Deutschlands. Da liegt es nahe, sich auf dem Wasser reisend fortzubewegen.
Einer der zentralen Flüsse in Brandenburg ist die Havel, deren Quelle in Mecklenburg-Vorpommern liegt. Im Wegbegleiter „Obere Havel“ aus dem terra:press Verlag werden Städte, Sehenswürdigkeiten und Landschaften entlang der Havel von der Quelle bis nach Falkensee beschrieben – durch vier Nationalparks: Müritz-Nationalpark, Naturpark Feldberger Seenlandschaft, Naturpark Uckermärkische See und Naturpark Stechlin-Ruppiner Land.
Wer im besonders schönen Ruppiner Seenland die Landschaft vom Wasser aus erleben möchte, kann aus zahlreichen unterschiedlichen Angeboten wählen: Fahrgastschiffe, Haus- und Bungalowboote sowie Kanus und Kajaks. Kanuverleiher finden sich unter anderem in Wesenberg, Zehdenick, Oranienburg, Himmelpfort, Neustrelitz und Fürstenberg. Das Qualitätssiegel „Bett + Kanu“ weist darauf hin, wo es kanufreundliche Herbergen gibt. Ein schöner Wasserrastplatz liegt in Fürstenberg/Havel direkt hinter der Tourist-Information. Die Stadt ist auf jeden Fall einen Bummel wert. Ob dieses Jahr im Juli allerdings das große Brandenburger Wasserfest schon wieder stattfinden kann, ist bei Redaktionsschluss noch nicht klar. Diese und weitere Informationen zu Veranstaltungen rund um Fürstenberg findet man unter: fuerstenberger-seenland.de/veranstaltungen
Ein Tag auf der Havel ist wie ein erholsamer Kurzurlaub! Fernab vom trubeligen Alltag, kann man beim Dahingleiten durch die wunderschöne Havellandschaft mit allen Sinnen genießen.
Eine der schönsten Routen ist die durch die UNESCO-prämierte Kulturlandschaft „Preußens Arkadien“, auch als 7-Seen-Rundfahrt bekannt: Startpunkt ist die Marina am Tiefen See in der Schiffbauergasse. Vorbei am markanten Hans Otto Theater und dem Park Babelsberg, geht es durch die Glienicker Brücke. Über den Jungfernsee nimmt man Kurs auf die Sommerfrische der Königin Luise, die Pfaueninsel mit dem weiß leuchtenden Kulissenschloss, die Pfauen hört man schon von weitem …
Bald öffnet sich weit auslandend rechts die Berliner „Badewanne“, der Große Wannsee mit dem markanten Strandbad, ein architektonisches Denkmal aus den 1930ern. Hier kommt einem der Berliner Gassenhauer „Pack die Badehose ein“ in den Sinn und fröhlich pfeifend genießt man den Blick auf Villen und Segelboote, bis man die Wannseebrücke passiert und sich unvermittelt in einer ruhigen und sehr pittoresken Seenkette befindet: Kleiner Wannsee – Pohlesee – Stölpchensee. Der kurze Prinz-Friedrich-Leopold-Kanal führt auf den Griebnitzsee, der zur rechten Seite von Wald und zur linken von weiteren Villen ehemaliger Filmberühmtheiten, wie Marlene Dietrich und Heinz Rühmann, gesäumt wird. Man wusste sich schon damals gekonnt in Szene zu setzen und die schönsten Plätze für sich zu beanspruchen. Die Architektur der alten und neuen Luxusdomizile versetzt den interessierten Betrachter in Erstaunen. Schließlich taucht am linken Ufer das Schloss Babelsberg malerisch am Hang gelegen auf und, wie auf Wolke 7 schwebend, biegt man in den Tiefen See mit Kurs auf die moderne Skyline der Schiffbauergasse ein, um nach einer rund 2,5-stündigen Bootsreise wieder festen Boden zu betreten.
Eine garantiert unvergessliche Tour, die zur Wiederholung – vielleicht auch mal andersherum – einlädt!
Unser Tipp: Leicht zu steuernde, bequeme Motorboote, die auch ohne Bootsführerschein gefahren werden können, liegen täglich in der Marina am Tiefen See für 2 bis 8 Personen für eine persönliche Entdeckertour bereit. Eine Reservierung ist empfehlenswert. Wer unbeschwert genießen möchte, kann auch gern einen Skipper und ein Picknick dazubuchen.
Laut Aussage von „Reiseland Brandenburg“ wird diese Freizeitaktivität immer beliebter und Corona hat ihr einen weiteren Schub gegeben. In Brandenburg gibt es rund 2.000 Kilometer Wanderwege mit besonderer touristischer Relevanz, darunter rund 700 Kilometer, die mit dem Gütesiegel „Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ zertifiziert sind. Dazu kommen viele weitere lokale Routen. Informationen über Wanderrouten, Unterkünfte und mehr gibt es auf:
reiseland-brandenburg.de/aktivitaeten-erlebnisse/aktiv-natur/wandern
Sina Schwarz und Theres Wissmann betreiben seit 2016 den Blog „Milch & Moos“, aus dem heraus 2020 das gleichnamige Buch bei terra:press erschienen ist.
Eine wunderschön beschriebende Sommerwanderung ist die zweitägige Tour (24 & 20 Kilometer), die in Bad Saarow startet und am großen Kolpiner See über die Inlanddüne Waltersberge führt. Mit Proviant versorgt man sich am besten auf dem Hof Marienhöhe, kurz nach dem Start. Nach dem Überqueren der Düne durch eine fast wüstenähnliche Landschaft und einem Badestop am Großen Storkower See endet die Tour am ersten Tag in Wendisch Rietz. Dort gibt es sowohl Übernachtungsmöglichkeiten als auch im Fischrestaurant am Kleinen Glubigsee leckere Speisen. Am nächsten Tag geht es bei einer Rundtour an diversen Badeseen vorbei. Start und Ziel ist Wendisch Rietz, der Weg führt zum Großen und Kleinen Glubigsee, Springsee, Melangsee und Grubensee. Alle von den Autorinnen beschriebenen Touren lassen sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichen. Die Kombination aus Wanderung und Genuss macht ihr Buch so besonders. Man hat sofort Lust loszuwandern und Brandenburg ganz neu zu entdecken.
Die genaue Tour kann man im Buch nachlesen oder unter: milchundmoos.de/wanderungen-2017/juli-marienhoehe
Schnüren Sie Ihre Wanderschuhe und kommen Sie mit auf eine spannende Reise. Zusammen mit dem Spreewälder Storchenvater und Naturschützer Arnulf Weingardt entdecken Sie bei der Lübbener Naturerlebniswanderung die einzigartige Flora und Fauna entlang der Tour und erfahren Wissenswertes über die regionalen Besonderheiten. Mit etwas Glück begegnen Sie auf dem circa 5 Kilometer langen Rundweg Storchennestern, Biberbauten und Eisvogelröhren.
Route: Tourist-Information > Schlossinsel > SpreeLagune > Altes Freibad > Slawischer Rundwall Burglehn > Jägerbadeanstalt. Arnulf Weingardt bietet die zweistündigen Wanderungen bis zum 20. Oktober alle 14 Tage mittwochs ab 10 Uhr an.
Infos & Anmeldung: spreewald-service@tks-luebben.de, 03546.30 90, Kosten: 10/5 €
Die Idee hinter dieser speziellen Buchreihe des Verlags terra:press ist, 31 Städte mit historischen Stadtkernen zu entdecken. Im zweiten der sechs Bände wird die 316 Kilometer lange Tour von Rheinsberg bis Ribbeck in sieben Etappen vorgestellt. Wegbeschreibung, Kartenmaterial und Geschichtliches zu den Städten bilden hier in eine gelungene Komposition.
Etappe 7 führt von Rathenow über Stechow und Ribbeck nach Nauen (51 Kilometer). In Rathenow ist seit über 200 Jahren die Alltagsoptik zu Hause. Hier findet man das Optik-Industrie-Museum Rathenow (OIMR) und den Optikpark, in dem sich alles um Licht, Farben und optische Phänomene dreht und der regelmäßig Kulturveranstaltungen ausrichtet. Aus der Stadt raus führt die Tour durch dichten Wald nach Stechow mit seiner gotischen Dorfkirche, weiter durch den Ort Kotzen zum Schloss Nennhausen. Durch Alleen erreicht man den Landschaftspark Senzke und bald Ribbeck mit seinem berühmten Birnbaum. Für eine kurze Rast bietet sich das Alte Waschhaus an und zur Besichtigung die Alte Brennerei, bevor es dann zum letzten Abschnitt der Reise, nach Nauen, geht.
App in die Zukunft: Jetzt einen Blick nach Morgen werfen und die Landeshauptstadt per Fahrrad und App erforschen. In diesem Jahr gibt es die Fahrradkonzerte zwar leider nicht mit Live-Musik, dafür aber den ganzen Sommer lang – jederzeit, wann Sie wollen! Vom 13. Juni bis zum 30. September bleibt die Fahrradkonzert-Website mit Tourenplan, Infotext und Links online: Hier finden Sie, was Sie brauchen, um Ihr ganz individuelles Fahrradkonzert zu gestalten. Oder Sie holen sich die Web-App direkt aufs Handy, gucken sich einen schönen sonnigen Tag aus und los geht’s.
An den einzelnen Stationen der zwei möglichen Touren können Sie die Online-Angebote per QR-Code abrufen: Allen voran die zumeist exklusiv für das Fahrradkonzert produzierten Musikbeiträge hochklassiger Künstler*innen vom Barockkonzert bis zur Klang-Performance, aber auch Kurzfilme, Vorträge, Video-Rundgänge an besonderen Orten und vieles mehr. Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich als grüner Faden durch das Programm: So erleben Sie unter anderem schlichte Haushaltsgerät in verblüffender musikalischer Zweitverwertung und lernen Bach und Händel als Meister des Musikrecyclings kennen.
Infos: musikfestspiele-potsdam.de, Kosten: freiwilliger Eintritt
Die kleine Stadt mit dem mittelalterlichen Stadtkern liegt circa eine Stunde von Potsdam entfernt. Ein Besuch lohnt sich. Die Stadt war ein wichtiger Schauplatz der Reformation, betrieb doch hier der Dominikanermönch Johann Tetzel sehr aktiv das lukrative Geschäft mit dem Sündenfreikauf. Der „Tetzelkasten“ ist in der Nikolaikirche zu sehen. Im Mönchenkloster befinden sich die Stadtbibliothek, ein Museum und die Theater- und Konzertstätte mit vielfältigem Veranstaltungsprogramm. Schön für eine Einkehr ist das Café Förste am Markt. 1998 wurde der Bio-Büffelhof Bobalis gegründet, wo Spezialitäten rund um die Büffelmilch produziert und Hofführungen angeboten werden.
Das kleine Örtchen Kloster Zinna ist nur wenige Kilometer von Jüterbog entfernt. Die dortige Klosterdestillerie kann besichtigt und der legendäre „Zinnaer Klosterbruder“ direkt verkostet werden.
Infos: jueterbog.eu, bobalis.de, kloster-zinna.de
In der Broschüre „Industriekultur“, die der Verlag terra:press in Zusammenarbeit mit dem Kulturland Brandenburg herausgebracht hat, werden viele spannende Industriedenkmäler, -museen und Sehenswürdigkeiten vorgestellt. So verfügt zum Beispiel Plessa im Landkreis Elbe-Elster gleich über zwei technische Denkmäler zum Themenbereich Energie. Zum einen die am Flusslauf der Schwarzen Elster gelegene Elstermühle mit ihrem riesigen Wasserrad, die bereits 1420 in einer Urkunde erwähnt wird, zum anderen das Kraftwerk Plessa, eines der ältesten Kohlekraftwerke in Europa, in dem bis 1992 noch mit Lausitzer Braunkohle Strom erzeugt und das zu einem Erlebniskraftwerk umfunktioniert wurde. Während eines Rundgangs ist zu erfahren, wie man vor einhundert Jahren aus Braunkohle Strom erzeugte.
INTERVIEW
Der Verlag terra press gibt Bücher heraus, die sich unter anderem um Freizeittipps, Kulturelles und Geschichtliches aus dem Land Brandenburg und speziell auch aus Potsdam drehen. Wir haben mit dem Geschäftsführer Joachim Nölte gesprochen:
Herr Nölte, wir haben auf Ihrer Website gesehen, dass Sie viele schöne Publikationen rund um Brandenburg und Potsdam veröffentlichen. Wie kamen Sie darauf, sich dieses Themenfeld auszusuchen?
Unsere Hauptkompetenz liegt eigentlich im Bereich Kartenerstellung – hier haben wir unser größtes Angebot. Vieles kam dann in Zusammenarbeit mit unseren Kunden hinzu. Zum Beispiel haben wir das Themenjahr des Kulturlandes Brandenburg aufgegriffen und unsere Broschüre zur Industriekultur herausgebracht. Hier ist das Kulturland der Kooperationspartner. Auch bei unseren Radtouren durch historische Stadtkerne stehen wir in ganz enger Verbindung zu der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft.
Hat Corona Ihren Verlag auch betroffen?
Natürlich. Wir mussten viel stärker in die Dienstleistung gehen. Unsere Zeitschriftenreihe „Quer durch Brandenburg“ haben wir nicht herausbringen können. Aber wir haben auch Neues gestartet, zum Beispiel den Podcast „Potsdam ABC“ zu dem Buch „Potsdam. Wie es wurde, was es ist“.
Sie haben ja auch das von uns vorgestellte Buch „Milch und Moos“ herausgegeben, woher stammt die Idee?
Die Autorinnen sind zwei Bloggerinnen aus Berlin, die auf uns zugekommen sind. Der Titel allein ist schon einfach genial und der Inhalt … es muss einfach auch Spaß machen, über die Ausflüge auch nur zu lesen, ohne alles selbst zu machen … das ist hier absolut der Fall. Daher nennen wir viele unserer Bücher auch „Wegbegleiter“, nicht Reiseführer. Bei „Milch und Moos“ erscheint jetzt bereits die 4. Auflage.
Ja, wir waren auch ganz angetan von der Vielfalt. Was ist Ihr nächstes Projekt?
Wir möchten gern bei der Kombination von neuen und traditionellen Medien bleiben, also Blog-Inhalte auf ansprechende Weise zwischen zwei Buchdeckel packen. So kann reichlich Neues entstehen. Pläne gibt es bereits …
Dann wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung!