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Foto: Sylvia Menger
05. Mai 2021

Wenn der Mitbewohner auf vier Pfoten alt wird

Der beste Freund des Menschen ist der Hund. In Deutschland alleine haben sich über zehn Millionen Herrchen und Frauchen dazu entschlossen, einen Hund zu halten. Doch was passiert, wenn der beste Freund alt wird? Die Aufwendungen für die Haltung des geliebten Tieres können im Alter steigen und der Hund kann sogar pflegebedürftig werden.

Die Beziehung zwischen Mensch und Hund besteht schon seit Tausenden von Jahren. For­scher*innen haben herausgefunden, dass diese Bindung in gewisser Weise der von Eltern und Kindern ähnelt. Das Herrchen oder Frauchen kümmert sich um das Tier, und der Hund fungiert in stressigen Situationen als Anker, er hilft zu stabilisieren und strahlt Geborgenheit und Vertrauen aus. Somit werden Hunde in manchen Familien zu Partnern, Freunden und echten Vertrauten. Gerade Kinder und ältere Menschen werden durch die Anwesenheit eines Hundes positiv beeinflusst. So werden bei Kindern die sozialen Kompetenzen gestärkt und ältere Menschen fühlen sich wohl in Gesellschaft des Tieres.

Der Hund wird zum Senior

Eine wirkliche Altersgrenze, ab wann ein Hund ein Senior ist, gebe es nicht, sagt Tierärztin Dr. Ulrike Clausen aus Potsdam. Es hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel von der Rasse. Kleinere Hunde werden meist älter und zeigen deutlich später gesundheitliche Einschränkungen. Für Halter*innen gilt, ihren Hund genau zu beobachten, denn meist zeigt er nur mit kleinen Zeichen, dass sich etwas verändert, zum Beispiel, wenn er länger braucht, um aufzustehen, sich ruhigere Orte sucht und einen höheren Schlafbedarf hat.

Beim Treppensteigen können Besitzer*innen ihre nicht mehr ganz so mobilen Lieblinge zum Beispiel unterstützen, indem sie ein Brustgeschirr statt eines Halsbandes anlegen. Damit kann die Wirbelsäule des Hundes abwärts unterstützt werden, um eine Stauchung zu verhindern.

Den meisten Besitzern ist bewusst, dass ihr Hund älter wird. Oftmals fehlt aber die Bereitschaft, dem Hund eine unterstützende Alternative oder Linderung anzubieten und manchmal wird auch aus Unwissenheit nicht gehandelt. Wenn sich Hunde weniger bewegen, müsse das zum Beispiel nicht am Alter allgemein liegen, es könne auch eine Arthrose dahinterstecken, so Dr. Clausen. Entsprechende Beschwerden seien linderbar. Auch würden oftmals Medikamente vergessen oder wieder abgesetzt, weil es dem Hund ja schon besser gehe – vermutlich wegen der Medikamente. Sie sensibilisiert ihre Kunden*innen diesbezüglich und klärt auf.

Die richtige Ernährung

Besonders beim Essen können Hundehalter*innen ihrem Hund Gutes tun, denn wie beim Menschen auch, verwerten ältere Hunde langsamer und benötigen mehr Spurenelemente und ungesättigte Fettsäuren, die die Gelenke schützen. Das Futter sei aber nicht nur ein Thema für den alten Hund, meint Dr. Clausen. Wer früh auf die richtige Ernährung setzt, kann der übermäßigen Gelenkabnutzung vorbeugen. Denn jedes Pfund mehr auf den Rippen führt zu einer größeren Beanspruchung der Knochen und Muskeln. Die Tierärztin beobachtet regelmäßig, dass ältere Hunde dicker werden, weil sie von ihren Halter*innen zusätzliches Futter bekommen. Ein Tipp: Lieber mehrmals am Tag kleinere Mengen füttern, statt einer großen Mahlzeit.

Ein Ernährungstrend ist das Barfen, die Rohfütterung. Grundsätzlich befürwortet Dr. Clausen diese Ernährungsart, wichtig sei aber die Qualität. Die Hunde benötigen zusätzlich Spurenelemente wie Zink, Jod und „gute“ Öle. Ein Wolf beispielsweise wird in der Natur nicht so alt wie ein Hund, denn er befindet sich mit seinem reinen Fleischverzehr in einer Mangelernährung. Der Mangel macht sich nicht sofort bemerkbar, deshalb sollte regelmäßig ein Blutbild gemacht werden, um zu schauen, ob dem Hund etwas fehlt, so die Tierärztin.

Akzeptanz und Verstehen

Es liegt nicht in der Natur des Hundes, Schmerzen offen zu zeigen, so Dr. Clausen, denn dies würde eine Schwäche offenbaren. Für die Vorfahren unserer Hunde, die Wölfe in einem Wolfsrudel, machte dies durchaus Sinn: Ein Wolf zeigt sich nicht schwach und verwundbar. Verwundbarkeit ist gefährlich und kann zum Ausschluss aus dem Rudel führen. Es gibt dennoch einige Anzeichen, die zeigen, dass es dem Tier nicht gut geht, zum Beispiel ein verändertes Aggressivitätslevel (ein ansonsten freundliches Tier schnappt nach vertrauten Personen), starkes Hecheln, vermehrte Unruhe, ein verändertes Fressverhalten oder auch das Verkriechen.

Wenn Hunde im Alter ihre Sinne wie zum Beispiel das Sehen verlieren, heißt es als Besitzer*in, Obacht zu geben. Sie kommen zwar meist mit ihrer Nase gut zurecht, doch die eingeschränkte oder fehlende Augenfunktion kann bewirken, dass der Hund unsicherer in seiner Umgebung oder im Umgang mit anderen Hunden wird. In der Natur würde dieses Tier das Rudel verlassen oder sogar getötet werden. Deshalb ist Vorsicht geboten bei neuen Hundebekanntschaften und Begegnungen mit unbekannten Menschen, denn der betroffene Hund könnte Ängste entwickeln, so Dr. Clausen.

Die Entscheidung, wann ein Hundeleben beendet werden sollte, muss Herrchen und Frauchen in Abstimmung mit dem Tierarzt oder der Tierärztin treffen. Das Beste, was Hun­dehalter*innen hier machen können, ist, sich bewusst zu sein oder sich zu informieren, was möglich ist, und das geliebte Tier nicht mit Schmerzen alleinzulassen. Denn es ist heutzutage vieles machbar, um dem Hund ein langes und bis zum Ende gutes Leben zu ermöglichen, so Tierärztin Dr. Clausen.

Text: Maria Roloff & Ariane Linde

Krankenversicherung für Hunde
Ob es sinnvoll ist, eine Krankenversicherung für sein geliebtes Tier abzuschließen, bleibt eine Einzelfallentscheidung und hängt stark vom Angebot der Versicherung ab. Laut Verbraucherzentrale lohnen sich diese Versicherungen oftmals nicht, denn meist werden nur gesunde Tiere versichert und oft nicht alle Behandlungen übernommen. Zwischen 120 und 1.300 Euro kann so eine Krankenversicherung für Hunde im Jahr kosten. Die Verbraucherzentrale rät, statt einer Krankenversicherung den Abschluss einer OP-Kos­ten­versicherung zu prüfen, die im Ernstfall Teilkosten einer Operation übernimmt.

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